Paul Watzlawick: Der Mann hinter dem Kommunikationsmodell

Paul Watzlawick war ein Philosoph, Kommunikationswissenschaftler und Psychotherapeut. Er wurde 1921 in Österreich geboren und verbrachte den Großteil seines Erwachsenenlebens in seiner Wahlheimat Kalifornien. Dort forschte er am Mental Research Institute in Palo Alto und beschäftigte sich intensiv mit der Thematik rund um die menschliche Kommunikation.

Paul Watzlawick leistete bedeutende Beiträge zu neuen Denkansätzen und veröffentlichte rund 18 Bücher, die in 85 Sprachen übersetzt wurden. Das Kommunikationsmodell nach Watzlawick ist einer der bekanntesten Versuche, menschliche Kommunikation zu verstehen und zu verbessern.

Die 5 Axiome nach Watzlawick anhand von Beispielen

In einem seiner erfolgreichsten Werke „Menschliche Kommunikation“ aus dem Jahr 1967 setzen sich Paul Watzlawick, Janet H. Beavin und Don D. Jackson mit der Frage auseinander, welchen Regeln Gespräche und Interaktionen unterliegen. Sie beschreiben darin 5 Axiome der Kommunikation, also allgemeingültige Regeln oder Grundsätze, die sich sowohl auf den privaten als auch auf den beruflichen Kontext übertragen lassen.

Das Kommunikationsmodell nach Watzlawick bietet einen Erklärungsansatz für misslungene Interaktionen und zeigt Lösungsmöglichkeiten für den Alltag auf. Wir machen die 5 Axiome nach Watzlawick anhand von Beispielen für Sie nachvollziehbar und zeigen Ihnen, warum Kommunikation im Berufsalltag manchmal misslingt.

Axiom 1: Man kann nicht nicht kommunizieren

Die Team-Besprechung dauert heute länger als üblich. Bisher hat sich niemand beschwert, aber Sie merken trotzdem, dass viele Mitarbeiter ungeduldig werden. Ein Teilnehmer schaut immer wieder auf die Uhr. Ein anderer trommelt mit den Fingern auf die Tischplatte. Der dritte unterdrückt ein Gähnen.

In seinem Kommunikationsmodell beschreibt Paul Watzlawick: Man kann nicht nicht kommunizieren. Denn nicht nur Worte, sondern auch Gestik und Mimik spielen in der Kommunikation mit anderen eine wichtige Rolle. Durch unsere Körpersprache signalisieren wir dem Gesprächspartner beispielsweise Interesse oder Desinteresse und drücken aus, wie wir uns in der Gesprächssituation fühlen. Dieser Vorgang läuft häufig unbewusst ab und kann nicht selten zu Missverständnissen führen.

Axiom 2: Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt

Bei einem Projekt gibt es eine wichtige Änderung, über die Sie sowohl den Kunden als auch einen Kollegen informieren müssen. Ihren Kollegen kennen Sie bereits seit Jahren und Sie sind außerhalb der Arbeit gut befreundet. Obwohl Sie beiden Gesprächspartnern dieselbe Sachinformation übermitteln möchten, würden Sie sicher in beiden Situationen eine individuelle Wortwahl treffen. In der Kommunikation mit dem Kunden achten Sie wahrscheinlich auf einen formellen, höflichen Umgangston. Im Gespräch mit Ihrem Freund und Kollegen kann das schon mal anders sein: Hier können Sie auch informell kommunizieren und direkt auf den Punkt kommen, ohne unhöflich zu erscheinen.

Kommunikation nach Watzlawick geschieht niemals nur auf der Sachebene, sondern hat immer auch einen Beziehungsaspekt. Denn mit unseren Worten und unserer Körpersprache übermitteln wir nicht nur eine Botschaft, sondern drücken auch aus, in welcher Beziehung wir zu unserem Gegenüber stehen. Wie gut kennen wir unseren Gesprächspartner und was denken wir über ihn? Ist das Verhältnis positiv oder eher angespannt? Was hält unser Gegenüber von uns und inwieweit beeinflusst das seine Interpretation unserer Botschaft? Misslungene Kommunikation entsteht zum Beispiel, wenn wir die Botschaft unseres Gegenüber abwerten, weil wir jemanden nicht sympathisch finden.

Axiom 3: Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung

Ihr Team hat eine Aufgabe nicht zufriedenstellend bearbeitet und Sie weisen Ihre Mitarbeiter darauf hin. Diese verteidigen sich: Das Onboarding war unzureichend und sie konnten der Aufgabe nicht wie gewünscht nachkommen. Daraufhin möchten Sie wissen, warum die Mitarbeiter Ihnen das nicht schon eher mitgeteilt haben.

Das Beispiel zeigt: Kommunikation hat häufig keinen klaren Anfangs- und Endpunkt. Das Kommunikationsmodell nach Watzlawick beschreibt es so: Kommunikation ist immer zugleich Ursache und Wirkung. Alles, was mitgeteilt wird – ob verbal oder nonverbal – löst beim Gegenüber eine Reaktion aus. Und diese Reaktion löst wiederum ein Verhalten beim anderen Gesprächspartner aus. Misslungene Kommunikation entsteht dann, wenn Gesprächspartner die Ursache nur bei anderen suchen und nicht merken, was sie selbst mit ihrem Verhalten auslösen.

Axiom 4: Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten

Das 4. Axiom des Kommunikationsmodells nach Watzlawick beschreibt das Zusammenspiel von verbaler (digitaler) und nonverbaler (analoger) Kommunikation. Oder anders ausgedrückt: Eine Botschaft lässt sich nicht ohne das Zusammenspiel von gesprochener Sprache, Mimik und Gestik entschlüsseln. Nicht nur was wir sagen spielt eine Rolle bei der Interpretation, sondern auch, wie wir es sagen. Ist unser Tonfall freundlich oder unfreundlich? Meinen wir das Gesagte ernst oder sagen wir es mit einem sarkastischen Unterton? Lächeln wir oder ziehen wir ein trauriges Gesicht? Umgekehrt können wir von der Körpersprache allein keine Rückschlüsse auf die Ursache ziehen, sondern müssen erst nachhaken.

Hier ein Beispiel: Ein Mitarbeiter erhält in der Mittagspause einen Anruf. Seine analoge Kommunikation, also seine Körpersprache, verrät Ihnen, dass er sehr aufgebracht und nervös ist. Aber erst durch das verbale Nachfragen (digitale Kommunikation) erfahren Sie auch den Grund dafür: Seine Tochter hatte in der Schule einen Sportunfall und hat sich das Bein gebrochen.

Axiom 5: Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär

Das Kommunikationsmodell nach Watzlawick stellt fest, dass sich Gesprächspartner nicht immer auf Augenhöhe begegnen. Ob Lehrer-Schüler- oder Eltern-Kind-Beziehung: Zwischen manchen Gesprächspartnern spielt Ungleichheit eine wichtige Rolle und das beeinflusst die Kommunikation. Watzlawick spricht hier von komplementärer Kommunikation. Symmetrische Kommunikation findet statt, wenn sich gleichgestellte Gesprächspartner unterhalten. Anstatt ihre Unterschiede zu betonen, konzentrieren sie sich auf ihre Gemeinsamkeiten.

Im betrieblichen Alltag findet symmetrische Kommunikation nach Watzlawick beispielsweise zwischen Teamkollegen statt. Ein Gespräch zwischen einer Führungskraft und einem Mitarbeiter ist dagegen komplementär, da der Mitarbeiter sich an die Erwartungshaltung des Vorgesetzten anpassen muss.

Watzlawicks Kommunikationsmodell in der Praxis: Tipps für Führungskräfte

Sie möchten wissen, wie Sie sich das Kommunikationsmodell Watzlawicks in Ihrem betrieblichen Alltag zunutze machen können? Unsere Tipps sorgen für effektivere Gespräche mit Ihrem Team und helfen Ihnen, das eigene Gesprächsverhalten zu hinterfragen und zu verbessern.

Axiom 1: Kommunizieren Sie bewusster

Auch im beruflichen Alltag gilt: Man kann nicht nicht kommunizieren. Jede Ihrer Reaktionen wird von Ihrem Team wahrgenommen und bewertet. Dazu gehört nicht nur das, was sie tatsächlich sagen. Auch Nicht-Reaktionen haben eine starke Wirkung auf andere. Wer zum Beispiel Gespräche mit Kollegen und Mitarbeitern ablehnt oder nur widerwillig annimmt, wirkt abweisend und unnahbar. Das Ignorieren oder einseitige Beenden von Kommunikation hat ähnlich negative Auswirkungen auf das Bild, das sich andere von Ihnen machen.

Diese Erkenntnis aus Watzlawicks Kommunikationsmodell kann im beruflichen Alltag sehr hilfreich sein. Überlegen Sie sich, wie Sie von Ihrem Team wahrgenommen werden möchten und machen Sie sich bewusst, wie Sie kommunizieren. Zeigen Sie Ihren Mitarbeitern, dass Sie ein offenes Ohr haben und achten Sie auf einen respektvollen Umgangston.

Axiom 2: Bauen Sie positive Beziehungen auf

Machen Sie sich bewusst, dass Kommunikation nicht nur einen Mitteilungscharakter hat, sondern sich auch immer auf der Beziehungsebene abspielt. Sie möchten, dass Ihr Team motiviert arbeitet? Das gelingt besser, wenn Sie eine positive Beziehung zu Ihren Mitarbeitern aufbauen und auch persönliches Interesse zeigen.

Watzlawicks Kommunikationsmodell bietet eine Erklärung, warum Mitarbeiter die Ideen anderer nicht immer objektiv beurteilen. Vielleicht ist Ihnen das im Meeting bereits aufgefallen: Vorschläge von bestimmten manchen Mitarbeitern werden gern angenommen, während andere auf allgemeine Ablehnung stoßen. Das liegt nicht immer daran, dass die Ideen an sich nicht gut sind. Häufig beeinflusst die Beziehung der Teammitglieder untereinander deren Urteilskraft. Als Führungskraft können Sie Ihre Mitarbeiter bitten, allen Vorschlägen eine Chance zu geben und sich bewusst in Objektivität zu üben.

Axiom 3: Unterbrechen Sie negative Verhaltensketten

Kommunikation ist nach der Definition Watzlawicks ein Regelkreis von Ursache und Wirkung. Wer sich das bewusst macht, kann ungünstige Verhaltensketten im betrieblichen Alltag unterbrechen oder vollständig vermeiden. Übernehmen Sie Verantwortung für Ihren Anteil am Erfolg oder Misserfolg eines Gesprächs.

Außerdem ist es hilfreich, sich die eigene Erwartungshaltung bewusst zu machen. Wenn Sie schon öfter schwierige Gespräche mit einem Mitarbeiter geführt haben, rechnen Sie vielleicht auch beim nächsten Mal wieder mit einem negativen Ergebnis. Laut Watzlawicks Kommunikationstheorie kann aber genau diese Erwartungshaltung zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden, indem Ihr Mitarbeiter beispielsweise auf Ihre abweisende Körpersprache ebenfalls negativ reagiert.

Axiom 4: Vermeiden Sie Missverständnisse

Das Kommunikationsmodell nach Watzlawick besagt, dass zum Entschlüsseln einer Botschaft sowohl nonverbale als auch verbale Kommunikation beachtet werden muss. Im beruflichen Alltag können Sie falsche Annahmen und Missverständnisse vermeiden, indem Sie nicht nur anhand der Körpersprache Rückschlüsse ziehen. Ihr Mitarbeiter wirkt im Team-Meeting desinteressiert und gelangweilt? Vielleicht plagen ihn Kopfschmerzen und er findet es schwierig, sich zu konzentrieren. Fragen Sie im Zweifel immer nach, bevor Sie vorschnell ein Urteil fällen.

Achten Sie bei Ihrer eigenen Kommunikation außerdem darauf, dass Ihre nonverbale Sprache das Gesagte unterstreicht. So kommunizieren Sie klar und deutlich und lassen keinen Interpretationsspielraum zu.

Axiom 5: Kommunizieren Sie rollenkonform

Watzlawicks Kommunikationstheorie beschreibt symmetrische und komplementäre Arten von Kommunikation, die sehr unterschiedlich ablaufen. Im betrieblichen Alltag ist es wichtig, das Bewusstsein für verschiedene Beziehungen zu stärken. So vermeiden Sie, dass sich Gespräche unter nicht gleichgestellten Mitarbeitern in eine negative Richtung entwickeln. Problematisch ist es zum Beispiel, wenn der komplementäre Aspekt eskaliert und ein Mitarbeiter das Gefühl hat, sich den Wünschen der Führungskraft vollständig unterordnen zu müssen. Dies führt zu Unselbstständigkeit und Fremdbestimmung. Umgekehrt ist es nicht vorteilhaft, wenn der symmetrische Aspekt zu sehr betont wird und die Führungskraft sich zum Beispiel nicht traut, Entscheidungen für andere zu treffen.

Kriterien für gelungene Kommunikation nach Watzlawick

Das Kommunikationsmodell nach Watzlawick beschreibt, welchen Regeln Gespräche und Interaktionen unterliegen. Aber woran können Sie eigentlich erkennen, dass die Kommunikation gestört ist? Und was macht ein erfolgreiches Gespräch aus? Wir zeigen Ihnen, anhand welcher Kriterien Sie die Kommunikation in Ihrem Unternehmen beurteilen können.

Kommunikation ist erfolgreich, wenn sie zum Ziel führt

Sie suchen ein Gespräch mit Ihrem Mitarbeiter, da seine Arbeitsqualität in letzter Zeit nachgelassen hat. Der Mitarbeiter nimmt ihr Feedback gerne an. In den nächsten Wochen merken Sie: Er hat sein Arbeitsverhalten verändert und ist sorgfältiger geworden. Dieses Beispiel zeigt: Erfolgreiche Kommunikation nach Watzlawick ist zielführend und zieht positive Folgen nach sich.

Das Mitarbeitergespräch im obigen Beispiel könnte aber auch anders ausgehen: Wenn der Betroffene sich persönlich angegriffen fühlt, entwickelt er eine negative Haltung zu Ihnen. An seinem Arbeitsverhalten ändert sich folglich nichts. Gestörte Kommunikation erreicht das gewünschte Ziel also nicht. Außerdem kann sie weitere negative Folgen nach sich ziehen, zum Beispiel Stress und Konflikte am Arbeitsplatz.

Misslungene Kommunikation: Die häufigsten Ursachen vermeiden

Das Kommunikationsmodell nach Watzlawick liefert Gründe für eine misslungene Kommunikation. Gestörte Kommunikation lässt sich zum Beispiel damit erklären, dass die Gesprächspartner nicht alle Ebenen der Nachricht beherrschen. Missverständnisse können dann entstehen, wenn ein Gesprächspartner die Beziehungsebene einer Botschaft ignoriert oder wenn der Empfänger der Nachricht nur dem verbalen Teil der Botschaft Gehör schenkt und die Körpersprache des anderen ignoriert.

Watzlawicks Kommunikationsmodell: Die 5 wichtigsten Punkte

Wenn Sie sich jedoch Watzlawicks 5 Axiome bewusst machen und Ihren Kommunikationsstil entsprechend anpassen, können Sie als Führungskraft erfolgreiche Gespräche führen und fallen nicht in eine misslungene Kommunikation. Im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte für gelungene Kommunikation in Ihrem Unternehmen:

1. Seien Sie authentisch und kommunizieren Sie offen und ehrlich.

2. Achten Sie auf eine eindeutige Kommunikation. Drücken Sie sich klar aus und unterstreichen Sie das Gesagte mit passenden Gesten.

3. Berücksichtigen Sie den Hintergrund Ihres Gesprächspartners. Mit einem Vorgesetzten sollten Sie anders kommunizieren als mit einem gleichgestellten Teammitglied.

4. Passen Sie Ihre Kommunikation an die Situation an. In einem wichtigen Kundengespräch sollten saloppe Ausdrücke oder Witze vermieden werden.

5. Hören Sie aktiv zu und zeigen Sie das auch mit Ihrer Körpersprache.

Fazit: Watzlawicks Modell führt zur erfolgreichen Kommunikation – auch in Unternehmen

Sie merken: Gelungene Kommunikation nach Watzlawick ist achtsame Kommunikation. Nurwem es gelingt, das eigene Bewusstsein für das Gegenüber zu schärfen, kann erfolgreich Gespräche führen. Kommunikationstraining ist deswegen immer auch eine Schulung der eigenen Aufmerksamkeit. Um ein besserer Gesprächspartner zu werden, kann es sehr hilfreich sein, sich auch mit dem Thema Achtsamkeitstraining auseinanderzusetzen.

Besonders hilfreich ist es auch, Kommunikationsfähigkeiten in praktischen Übungen zu trainieren. Unsere Kompetenztrainings für Fach- und Führungskräfte leisten Ihnen dabei eine wichtige Hilfestellung. So sind Sie für das nächste Kundengespräch oder die Leitung Ihres Team-Meetings bestens gewappnet und lernen, auch mit Menschen aus anderen Kulturkreisen effizient zu kommunizieren.

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