Mann arbeitet am Laptop und telefoniert gleichzeitig.

Weiterbildungen und Beruf miteinander vereinbaren

Author

Berlitz

Berufliche Weiterbildungen sind in einer schnelllebigen Welt unerlässlich geworden. Wie aber lässt sich die Mehrarbeit in den Alltag integrieren, ohne dass berufliche Verpflichtungen vernachlässigt werden? Aus Angst, beides nicht unter einen Hut bringen zu können, schrecken viele vor Weiterbildungen zurück. Dabei ergeben sich für Arbeitnehmer und Arbeitgeber klare Vorteile, wenn sie am selben Strang ziehen.

56 Prozent der Arbeitnehmer sind sich der wachsenden Bedeutung von Weiterbildungen für ihre Karriere bewusst. Das zeigt eine Studie des Meinungsforschungsinstitutes Forsa in Kooperation mit der Deutschen Universität für Weiterbildung (DUW) unter 1.005 befragten Erwerbstätigen zwischen 25 und 69 Jahren. Vor diesem Hintergrund stellt sich zwangsläufig die Frage, wie sich Weiterbildung und Berufsalltag miteinander vereinbaren lassen. Eine 40-Stunden-Woche bietet schließlich nur begrenzt Spielraum für zusätzliche Arbeit – die eine Weiterbildung im weiteren Sinne ist.

Faktoren: Zeit, Geld, Stress

Für Mitarbeiter ergibt sich das größte Problem aus der ihnen zur Verfügung stehenden Zeit:

  • Kann ich nach einem harten Arbeitstag im Büro noch eine Weiterbildung absolvieren?
  • Bleibt mein Familienleben durch den zeitlichen Aufwand auf der Strecke?
  • Bin ich, trotz der Mehrarbeit, meinen beruflichen Herausforderungen noch gewachsen?

Hinzu kommen die Kosten einer Fortbildung. Der Forsa- und DUW-Studie zufolge werden Weiterbildungen außerdem als bedrohlich wahrgenommen: Jeder zweite Befragte gab an, sich durch die Forderungen nach persönlicher Fortbildung regelmäßig unter Druck gesetzt zu fühlen. Häufig endet die Kosten-Nutzen-Abwägung mit einem Aufschieben des Fortbildungswunsches und einem bitteren Nachgeschmack bei dem Mitarbeiter: Die Chance, beruflich voran zu kommen, ist in weite Ferne gerückt. Personalverantwortliche sollten diese Faktoren berücksichtigen, wenn sie die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter planen.

Auch für Arbeitgeber ergeben sich indes Fragen:

  • Wie lassen sich Weiterbildungen optimal in den Arbeitsalltag integrieren?
  • Leidet die Tätigkeit einer Arbeitskraft für die Zeit der Weiterbildung?

Hier ist es an den Personalverantwortlichen, das Gespräch mit Mitarbeitern zu suchen und Optionen für mögliche Weiterbildungen zu verhandeln. Dabei sollte mitgedacht werden, dass der Wert der Arbeitskraft im Zuge einer Weiterbildung steigt, das Unternehmen also im Anschluss an eine Weiterbildung einen größeren Nutzen aus ihr ziehen kann. So rechtfertigt sich auch ein Zeitraum mit weniger Arbeit, gegebenenfalls geringerer Produktivität oder eine Vertretung für diese Arbeitskraft.

Zunächst sollte allerdings geprüft werden, ob das nötige Wissen nicht gegebenenfalls bereits im Unternehmen vorhanden ist.

Vorhandenes Wissen im Unternehmen nutzen

Zahlreiche Firmen etablieren in ihren Vorständen mittlerweile einen CIO, einen Chief Information Officer, dessen Kernaufgabe das Management des innerbetrieblichen Informationsfundus ist. „Wissen ist Macht”, diese Aussage ist im Unternehmensbereich aktueller denn je. „Knowledge Management”, die gezielte Verbreitung von Wissen im Betrieb wird so zum Handwerkszeug der modernen Unternehmensführung.

Das Methoden-Portfolio von Knowledge Management erlaubt auf vielfältige Weise den Wissenstransfer von Mitarbeiter zu Mitarbeiter. Beispielsweise können Beschäftigte, die gerade an einem Projekt gearbeitet haben, wichtige Erkenntnisse daraus an die Kollegen weitergeben. Dies erlaubt eine schnelle und unkomplizierte Verbreitung von branchenspezifischem Wissen. Es gilt also, entsprechende Strukturen aufzusetzen und die Dokumentation von Projekten unter Mitarbeitern anzuregen. Ein solches Vorgehen hat einen positiven Nebeneffekt: Im Krankheitsfall oder vor Urlauben von Mitarbeitern fallen Übergaben leichter – Projekte sind schließlich bereits dokumentiert.

In Hinblick auf die schriftliche Dokumentation von Firmenwissen empfehlen sich auch so genannte “Enterprise Wikis”. Diese im Intranet hinterlegten Sammlungen firmeninternen Wissens sind für alle Mitarbeiter zugänglich und sollten – nach bestimmten, formulierten Regeln – auch von allen bearbeitet werden. Auf diese Weise entsteht sukzessive ein Wissensfundus für das gesamte Unternehmen.

Auch Workshops oder Meetings bieten sich zur Wissensweitergabe an. Diese Meetings könnten im Zeichen von “Lessons Learned” oder “Best Practice” stehen. Erfolgen diese Treffen regelmäßig, etabliert sich eine interne Weiterbildungskultur im Unternehmen, die sich durch Praxisnähe und Problemorientierung auszeichnet. Die angesprochenen Probleme und Lösungen entstammen dem Arbeitsalltag, das Gelernte hat direkten Nutzwert für die weitere Arbeit und kann im Anschluss an einen Workshop oder ein Meeting unmittelbar beherzigt werden.

Darüber hinaus können die Weiterbildungsbeauftragten das „informelle Lernen” anregen. Anders als beim formellen, also beim zertifizierten Lernen, geht es hier um den Wissensgewinn im alltäglichen Leben. Informell ist ein Lernprozess dann, wenn er aus dem normalen Betriebsablauf oder dem sozialen Kontakt mit Kollegen hervorgeht. In diesem Zusammenhang stellen auch Mentoring-Programme eine Möglichkeit dar, diese Lernform in gewissem Maße zu institutionalisieren: Erfahrene Mitarbeiter stehen Neulingen oder Junioren für Fragen zur Verfügung, die gern auch im Flur, bei der Kaffeepause oder im Vorbeigehen beantwortet werden können.

Diese Methoden des internen Wissenserwerbs sind eine Möglichkeit für Mitarbeiter, sukzessive im Arbeitsalltag dazuzulernen. Wenn das nicht in Frage kommt bzw. derartige Konzepte bereits ausgereizt sind – wie vereinbaren Mitarbeiter dann ihre weitere Qualifizierung mit dem Arbeitsalltag?

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Verschiedene Möglichkeiten der Weiterbildung im Berufsalltag

Während die Möglichkeiten des innerbetrieblichen Wissensaustauschs sich kaum in einem zeitlichen Mehraufwand niederschlagen, stellen externe Weiterbildungen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer vor Herausforderungen. Problematisch ist vor allem der zeitliche Aspekt einer Weiterbildung.

In der Arbeitszeit oder in der Freizeit?

Es stellt sich zunächst die Frage, ob die Weiterbildung tatsächlich außerhalb der Arbeitszeit stattfinden muss. Im Rahmen von Zielvereinbarungen zwischen Mitarbeiter und Unternehmen sind zum Beispiel Kompakt-Workshops während der Arbeitszeit denkbar: Sie vermitteln in kürzester Zeit Inhalte im Gruppen- oder Einzelsystem. Diese Intensivkurse erlauben eine gezielte Bearbeitung des Kernthemas in kürzester Zeit. Beispielsweise kann das für Unternehmen unerlässlich gewordene Business Englisch in einem kompakten Zweitages-Workshop trainiert werden. Ob es um branchenspezifische Präsentationen in der Weltsprache geht oder ein korrekter englischer Schriftausdruck gelernt werden soll, das Ziel ist festgesetzt. Diese klar definierten Inhalte erlauben es, Irrelevantes von vornherein auszuklammern und ausschließlich an den notwendigen Aufgaben zu arbeiten. In speziellen Branchenkursen können Fachtermini gelernt werden, die im regulären Sprachunterricht nicht bearbeitet würden. So nimmt die Fortbildung nur die Zeit in Anspruch, die für optimale Ergebnisse benötigt wird.

Alternative E-Learning

Eine Möglichkeit, den zeitlichen Aufwand einer Weiterbildung gering zu halten, sind zeit- und ortsunabhängig Lernangebote. Diesbezüglich eröffnen neue Technologien Optionen, die es lange Zeit nicht gab: E-Learning-Angebote stellen es dem Lernenden in der Regel frei, wann er lernt. Das ermöglicht es Mitarbeitern, ihre Zeitplanung selbst zu verantworten. Sie müssen nicht zu festen Zeiten Kurse besuchen und bestimmte Freizeitaktivitäten komplett aufgeben. Auch wenn bestimmte Lerneinheiten an Zeiten oder Deadlines gebunden sind, haben Lernende in virtuellen Klassenzimmern und bei Webinaren mehr Freiheiten, als wenn sie zu fixen Zeiten den Weg zum Raum der Veranstaltung bewältigen müssen.

Noch mehr Spielraum ergibt sich beim Micro-Learning, bei dem Lerneinheiten besonders klein gehalten werden, um sie in wenigen Minuten absolvieren zu können. Wer in kleinen, leicht einprägsamen Etappen lernt, kann die Weiterbildung besonders gut ins hektische Berufsleben oder einen vollen Tag integrieren. Wartezeiten – während der Bahnfahrt, kurz vor dem Meeting – gibt es immer. Momente des Leerlaufs lassen sich so optimal füllen. Die Frage nach dem “Wann” stellt sich nicht mehr. Gelernt wird, wenn freie Kapazitäten vorhanden sind.

Wenn sich Personalverantwortliche und Mitarbeiter einig sind, dass das Lernen vor Ort, das Präsenzlernen, unerlässlich ist, sollten Blended-Learning-Angebote in Erwägung gezogen werden. Hier ergänzen sich E-Learning und Präsenzlernen. Die Lernenden sind zeitlich flexibler als bei Kursen, die ausschließlich in Präsenzveranstaltungen stattfinden. Bei allen Formen des E-Learnings ist es an den Personalverantwortlichen, optimale Angebote zu identifizieren und zu prüfen, inwieweit ein Präsenzlernen nötig ist.

Förderungen nutzen

Auch finanziell scheinen Weiterbildungen auf den ersten Blick eine Belastung für Mitarbeiter darzustellen. Dem ist nicht unbedingt so: Weiterbildungsmaßnahmen, die im beruflichen Kontext stattfinden, lassen sich vollständig von der Steuer absetzen. Seien es Reisekosten, Verpflegung, Arbeitsmaterialien oder Kursgebühren, der Staat unterstützt berufliche Fortbildungen umfangreich. Mit der seit 2008 eingeführten Bildungsprämie werden darüber hinaus bis zu 50 Prozent der Kosten für eine Fortbildung komplett übernommen. Gegebenenfalls übernimmt auch das Unternehmen die Kosten teilweise oder komplett. Finanziell sind Weiterbildungen damit weitaus erschwinglicher, als die meisten denken.

Die Mischung macht‘s

Um dem Wunsch nach Fortbildung gerecht werden zu können und den zusätzlichen Arbeitsaufwand gewinnbringend in den Alltag zu integrieren, sollten sowohl bestehende Wissensquellen innerhalb des Unternehmens mit einbezogen, als auch externe Anbieter genutzt werden. Das Wissen um staatliche Unterstützungen bei Weiterbildungen kann den Schritt in Richtung Weiterbildung für Arbeitnehmer erleichtern. Darüber hinaus ermöglichen flexibel gestaltbare Unterrichtsformen eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Lernen. Wenn Personalverantwortliche diese Konzepte mitdenken und im Unternehmen dafür einstehen, können auf Seite der Mitarbeiter Ängste abgebaut werden. Am Ende profitieren alle: Das Unternehmen von einer weiterqualifizierten Arbeitskraft, der Mitarbeiter von mehr Wissen, Abwechslung und Verantwortung.