Fachkräftemangel in Deutschland: Status quo und Folgen

Nach Angaben des KfW-Ifo-Fachkräftebarometers wurde im 1. Quartal 2021 die Geschäftstätigkeit von 20,6 % der Unternehmen in Deutschland von Fachkräftemangel behindert. In einer von August bis Oktober 2021 durchgeführten Umfrage der Bertelsmann Stiftung gaben sogar 66 % der Unternehmen an, aktuell von Fachkräfteengpässen betroffen zu sein.

Zwar gab es während der Corona-Pandemie durch Kurzarbeit, Einstellungsstopps oder Entlassungen zwischenzeitlich einen Rückgang bei der Fachkräftelücke. Inzwischen steigt der Fachkräftemangel jedoch wieder über das Niveau vor der Pandemie an.

Ein Mangel mit negativen Effekten

Wenn freie Stellen für längere Zeit unbesetzt bleiben, hat das für die Wirtschaft insgesamt und für einzelne Unternehmen unangenehme Folgen. Mit welchen negativen Effekten dies einhergeht, hat die Unternehmensberatung Hays in einer Befragung von 1000 Führungskräften ermittelt:

Insbesondere die Mehrbelastung des bestehenden Personals stellt viele Unternehmen vor große organisatorische Herausforderungen. Stellen können nicht optimal besetzt werden. Und durch den Konkurrenzkampf um die wenigen Fachkräfte steigen deren Löhne und folglich die Personalkosten der Firmen. Nicht zuletzt entgeht Unternehmen der Umsatz, den sie mit mehr Angestellten erwirtschaften könnten.

Ursachen des Fachkräftemangels

Zu den wichtigsten Ursachen zählt der demografische Wandel: In einer alternden Gesellschaft fehlt es an jüngeren Mitarbeitern, die als Fachkräfte in Frage kommen.

Durch Globalisierung und Digitalisierung verändert sich die Arbeitswelt rasant. Auch das wirkt sich auf die Personalstrukturen in Unternehmen aus, indem die Anforderungen an Fachkräfte steigen und sich die Qualifikationsprofile verändern.

Darauf reagiert zum einen das Bildungssystem zu langsam. Und auch manche Unternehmen zeigen sich noch zu unflexibel, vor allem was die Arbeitsorganisation und -zeiten angeht.

6 Maßnahmen für Unternehmen gegen den Fachkräftemangel

Aber was lässt sich gegen den Fachkräftemangel ausrichten und wie können vor allem Unternehmen selbst aktiv werden? Im Folgenden stellen wir einige Maßnahmen vor, wie Firmen das Problem der Personalknappheit zumindest lindern können.

1. Eigene Angestellte weiterqualifizieren

Wenn qualifizierte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt knapp werden, lohnt sich die Weiterqualifizierung des vorhandenen Personals besonders.

Unternehmen sollten hier eine gezielte Strategie verfolgen und herausfinden, welche Angestellten für das sogenannte Upskilling infrage kommen, welchen Nutzen Qualifikationsmaßnahmen für Mitarbeiter und Unternehmen haben – und wo Weiterbildungen in Teilzeit möglich sind, damit solche Maßnahmen nicht zulasten der Produktivität gehen.

Übrigens: Falls Sie sich für diese Option entscheiden, bietet Berlitz zahlreiche, für Ihre Bedürfnisse maßgeschneiderte Weiterbildungsmaßnahmen an.

2. Gleichberechtigung forcieren

In „geschlechtstypischen“ Berufen – also solchen, die überwiegend von Männern oder Frauen ausgeübt werden – sind die Engpässe besonders groß. Die Auswahl an potenziellen Fachkräften ist größer, wenn Bewerbende aller Geschlechter in Betracht kommen. Es ist also ratsam für Unternehmen, die Geschlechter-Anteile in der Belegschaft anzugleichen und ihre Stellen für die jeweils unterrepräsentierte Gruppe attraktiv zu machen.

Gerade Frauen bewerben sich häufig für Jobs, die unterhalb ihres Qualifikationsniveaus liegen – etwa aus Furcht, die Anforderungen nicht zu erfüllen oder aus Sorge, dass Teilzeit-Optionen in höheren Positionen nicht möglich sind.

Unternehmen sind hier gut beraten, bei Stellenausschreibungen inhaltlich eine größere Personengruppe anzusprechen, zum Beispiel indem Führungspositionen in Teilzeit ausgeschrieben werden und man die Bereitschaft für flexible Arbeitszeitmodelle kommuniziert.

Das trägt in Summe auch dazu bei, dass das eigene Unternehmen für Bewerbende jeden Geschlechts attraktiver wird. „Um Chancengleichheit herzustellen, muss an mehreren Stellschrauben gleichzeitig justiert werden“, so Ina Meyer, Director Human Resources bei der Berlitz Deutschland GmbH im Interview.

3. Flexible Arbeitszeitmodelle anbieten

Eine flexiblere Art der Arbeitsorganisation kommt allen Beschäftigten zugute – Stichwort Work-Life-Balance. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören (zeitweises) Homeoffice, Vertrauensarbeitszeit oder Arbeitszeitkonten, dank derer die Belegschaft frei entscheiden kann, wann sie die vereinbarte Stundenzahl ableisten.

Und: Mehr Teilzeitmodelle haben auch bei leitenden Positionen positive Effekte. Es gibt bereits Beispiele dafür, dass sich mehrere Frauen eine Leitungsposition teilen oder Führungskräfte in Teilzeit arbeiten.

4. Einsteiger und Wiedereinsteiger unterstützen

Für Berufseinsteiger zählen neben Jobsicherheit und Karrierechancen auch ein gutes Arbeitsklima und eine gute Work-Life-Balance zu den wichtigsten Kriterien für oder gegen eine Branche bzw. ein Unternehmen. Insbesondere bei Engpassberufen sollten Unternehmen die Attraktivität dieser Jobs zusätzlich mittels Schulkooperationen oder auf Karrieremessen frühzeitig einer jungen Zielgruppe vorstellen.

Nach Erziehungszeiten sind es außerdem häufig die Frauen, die den Wiedereinstieg in den Job suchen – und sich, wie geschildert, häufig auf Stellen unter ihrem Qualifikationsniveau bewerben. Unternehmen könnten diesen Trend umkehren, indem sie etwa spezielle Programme für Wiedereinsteigerinnen anbieten – schließlich sind diese oftmals bereits gut qualifiziert.

5. Löhne für Fachkräfte erhöhen, Benefits und Employer Branding

Wer hochqualifiziert ist, weiß um seine Position auf dem Arbeitsmarkt. Viele Fachkräfte haben die Wahl zwischen mehreren Arbeitgebern und können beim Gehalt hoch pokern.

Entscheidend für das Recruiting ist aus Unternehmenssicht daher die Attraktivität als Arbeitgeber. Dazu zählen natürlich jegliche Corporate Benefits, alle Maßnahmen rund ums Employer Branding – aber auch schlicht und einfach das Gehalt. Eine gute Bezahlung lohnt sich vor allem dann, wenn Beschäftigte dadurch länger im Unternehmen bleiben.

6. Für die Ausbildung begeistern

Heutzutage gilt ein Fachhochschul- oder Universitätsstudium vielen als die ideale Qualifikation – übrigens auch Eltern und Lehrkräften. In Ausbildungsberufen, vor allem im Handwerk, besteht demgegenüber großer Mangel.

Die junge Generation Z lässt sich zum Beispiel gut über Social Media auf Handwerksberufe aufmerksam machen. Glaubhafte Testimonials von Auszubildenden im Handwerk können authentische Einblicke geben, was die Jugendlichen in ihrem Ausbildungsbetrieb erwartet.

Gleichzeitig sollten Unternehmen zusätzliche Zielgruppen stärker in den Blick nehmen, etwa Studienabbrecher oder geflüchtete Menschen.


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Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll Mangel beheben helfen

Klar ist aber auch: Die Maßnahmen, die Unternehmen selbst ergreifen, werden die aktuellen und zukünftig aufkommenden Personalengpässe nicht auffangen können.

Gefragt sind auch politische Lösungen. So hat die Bundesregierung das Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen, das seit dem 1. März 2020 in Kraft ist. Es soll die Anwerbung von Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern erleichtern.

Das soll unter anderem damit erreicht werden, dass die sogenannte Vorrangprüfung für die qualifizierte Beschäftigung entfällt. Es muss bei Bewerbern aus dem nicht-europäischen Ausland also nicht mehr wie bisher geprüft werden, ob eine inländische oder europäische Fachkraft zur Verfügung steht. Neben beschleunigten Verfahren haben Fachkräfte aus dem Ausland außerdem die Chance, für die Arbeitssuche für maximal 6 Monate nach Deutschland zu kommen.

Gleichwohl müssen ausländische Fachkräfte bereits vor ihrer Reise nach Deutschland nachweisen, dass sie gute Deutschkenntnisse und eine anerkannte Ausbildung absolviert haben, und dass ein deutscher Arbeitgeber sie hier beschäftigen möchte.

Fachkräftevermittlung von Berlitz: In sechs Monaten zu B1

Berlitz unterstützt Unternehmen bereits seit 2017 bei der Vermittlung internationaler Fachkräfte. So hat Berlitz zusammen mit Kliniken, der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) über 500 Arbeitskräften bereits im Ausland Sprachunterricht erteilt. Mindestens ein halbes Jahr dauert diese Vorbereitung bis zum Sprachniveau B1.

Viele weitere solcher Qualifikationsprojekte hat Berlitz inzwischen gestartet. Deren Erfolge werden sich schon bald zeigen, ist Rita Pauls, bei Berlitz verantwortlich für die Internationale Fachkräftevermittlung, überzeugt. Allein im Jahr 2021 befinden sich circa 350 Fachkräfte in Deutschtrainings bei Berlitz im Ausland.

Schwerpunkt Gesundheitswesen

Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Projekten für das Gesundheitswesen. In Lateinamerika rekrutiert Berlitz ausgebildete Pflegefachkräfte für Klinken und Pflegedienstleister.

„Das Ausbildungsniveau der pflegenden Fachkräfte ist hier sehr hoch, da diese in der Regel ein vierjähriges Studium absolvieren. Zudem herrscht in diesen Ländern ein Überschuss an Pflegepersonal, sodass die Motivation, in Deutschland zu arbeiten, groß ist“, erläutert Pauls.

Neben den fachlichen Anforderungen ist die größte Hürde für die Fachkräfte das Erlernen der deutschen Sprache. Mindestens sechs Monate intensives Vollzeittraining in Deutsch werden veranschlagt, um das Niveau B1 sicher zu erreichen. Voraussetzung zur beruflichen Anerkennung ist jedoch das Niveau B2. Dieses kann sowohl bei Berlitz im Heimatland als auch in Deutschland, z.B. über staatlich geförderte Sprachprogramme, erreicht werden.

Die bisherigen Erfolge motivieren Berlitz, die Sprach- und Qualifizierungsangebote auf weitere Regionen der Welt auszudehnen.

Fachkräftemangel als Dauerproblem

Der Fachkräftemangel ist für viele Unternehmen und Branchen schon heute Realität – und wird sich noch deutlich vergrößern. Forscher rechnen mit bis zu 3,3 Millionen fehlenden Fachkräften im Jahr 2040. Personalengpässe werden viele Branchen also dauerhaft begleiten. Unternehmen sollten daher möglichst schnell selbst aktiv werden, um geeignete Mitarbeiter zu finden und zu halten.

Besteht auch bei Ihnen Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften? Näheres zur Berlitz Fachkräftevermittlung erfahren Sie auf unserer Website.